iPotty und digitales Geld. Die neue Realität unserer Kinder

Digital iPotty

Der Artikel ist am 28. August 2020 erstmals auf InTech.Swiss erschienen.

Spielzeughersteller entdecken zunehmend Kinder und Jugendliche als attraktive Zielgruppe für interaktive und vernetzte Spielzeuge wie der iPotty oder die moderne «Lädelikasse» mit Handscanner, Kartenterminal und Alexa Unterstützung. Die Nutzung von virtuellem Geld nimmt kontinuierlich zu, doch wie lernen unsere Kinder mit dieser Welt umzugehen und wie unterstützt sie die Finanzindustrie dabei?

Die Anteile der Generationen auf dem Arbeitsmarkt haben sich in den letzten Jahren durch die Pensionierungen der Babyboomer stark verändert. Diese Verschiebung von den bis 2009 dominierenden Babyboomers bis hin zu den Generationen Y und Z, hat einen grossen Einfluss darauf wie und wo heute konsumiert und bezahlt wird. Als Teilnehmer am Arbeitsmarkt oder als Unternehmer nehmen die Generationen Y und Z mit ihrem Selbstverständnis zum Geld, Einfluss darauf wie dieses am Point-of-Sales (Laden oder eCommerce) ausgegeben werden kann. Als Konsumenten sprechen sie gleichzeitig auch ihre Vorstellungen an erwartete Zahlungsmethoden aus. Der Swiss Payment Monitor 2019 zeigte in der letzten Version, dass sich das Zahlungsverhalten in der Schweiz langsam aber sicher in Richtung der digitalen Bezahlverfahren verschiebt. Dieses Verhalten bleibt auch unseren Kindern nicht verborgen, denn mit dem eigenen Bezahlverhalten (Smartphone, Karte oder Bargeld) leben wir ihnen bewusst oder unbewusst vor was für uns normal ist.

Die Spielzeugindustrie ist längst auf den Trend der digitalen Umwelt aufgestiegen und trägt viel dazu bei, dass auch die Zimmer der Kinder sich zu digitalen Kinderstuben entwickeln. Längst gehören Spielzeuge wie Tiptoi, Toni Box sowie Smartphone, Tablet und Sprachassistenten zum Alltag der Kinder dazu. Begünstigt wird dies durch unser eigenes Verhalten, denn Kinder sind erwiesenermassen echte Beobachtungs- und Nachahmungskünstler und lieben es unser Verhalten nachzuspielen. So ist es wenig verwunderlich, dass Spielzeuge entwickelt werden, welche frühe erste Berührungspunkte mit Geräten, wie Smartphones, Tablets oder Sprachassistenten begünstigen.

Digitales Kinderzimmer

Die vom Bitkom erhobene Statistik aus dem Jahr 2017 unterlegt den Trend dieser Entwicklung und zeigt auf, dass Kinder bereits in jungen Jahren Geräte wie Smartphone, Computer, Fernseher und/oder Tablet besitzen. Wir können mir hoher Gewissheit davon ausgehen, dass diese Werte nun im Jahr 2020 noch einiges höher sind.

Digitales Kinderzimmer Statista 2017

Quelle: Digitales Kinderzimmer Statista

Die Bitkom Statistik beginnt bei den 6 bis 7-jährigen Kindern, welche diese Geräte persönlich besitzen, doch selbst Kleinkinder haben bereits frühe Berührungspunkte mit den Geräten der Eltern. Vor allem in Restaurants oder Hotels sieht man vermehrt, wie Kleinkinder mit diesen Geräten beschäftig werden. Dass sich Kleinkinder gut durch Videos ablenken und beschäftigten lassen, suggeriert beispielweise der iPotty, welcher die Kleinkinder für das grosse Geschäft auf dem Töpfchen halten soll.

Genauso wie das bewährte Töpfchen, haben sich auch die «Lädelikassen» längst weiterentwickelt und verfügen in den einfachen Ausführungen über Handscanner, Scanner und Kartenterminal. Eine neuere Entwicklung ist sicherlich, dass wir Erwachsenen beginnen zu Hause digitale Assistenten für den Einkauf zu nutzen, was unserem Nachwuchs nicht verborgen bleibt. Die Produktentwickler in der Spielzeugindustrie haben diesen Trend aufgenommen. So unterstützt der Hersteller KidKraft mit seiner Variante der Spielküche inkl. Einkaufsmarkt, Amazon’s Sprachassistent Alexa und bietet damit Kindern die Möglichkeit, spielend das auf Sprachassistenten basierte eCommerce Einkaufsverhalten der Eltern nachzuahmen.

Durch unser verändertes Konsum- und Bezahlverhalten weichen Bargeldzahlungen immer mehr dem Online-Einkauf und dem Bezahlen per «virtuellem» Geld bspw. Debit- oder Kreditkarten. Es ist aber um einiges schwieriger die Übersicht über das vorhandene Geld zu behalten, wenn nicht der Geldbeutel immer leerer wird, sondern man Ende Monat nur die Rechnung für die Einkäufe auf der Kreditkartenabrechnung zu sehen kriegt. Diese einfache Art zu Bezahlen erfordert neue Fähigkeiten mit dem eigenen Geld umgehen zu können.

Welche Rolle spielt nun FinTech dabei?

Jede Retailbank bietet heute noch das uns allen aus der Kindheit bekannte klassische Kindersparkonto in Verbindung mit den unterschiedlichsten Formen von Sparschweinen und Kinderprogrammen an. Diese sind sicherlich für den Aufbau einer positiven Erinnerung sowie für den späteren Wiedererkennungswert einer Marke lohnende Investitionen. Wenn es jedoch darum geht Kindern den Umgang, den Wert und den Wertmassstab (wie lange muss ich Arbeiten, um mir eine Puppe/Spielzeugauto zu kaufen) des Geldes zu vermitteln, so ist der Lerneffekt mit den Sparschweinen etwas limitiert.

Im Sinne einer Aufklärung ist es von grosser Bedeutung, dass Kinder bereits in jungen Jahren zu verstehen beginnen, dass das Verdienen von Geld mit Anstrengungen verbunden ist. Eine frühzeitige und altersgerechte finanzielle Bildung unserer Kinder ist wichtig, damit sie später auch verantwortungsvolle Entscheidungen treffen können. Entscheidungen, die für ihr tägliches Leben unerlässlich sein werden. Virtuelle Zahlungsmittel und virtuelles Geld erschweren Kindern das Verständnis, für wie lange das Geld reicht und wann es zu Ende ist.

FinTech-Lösungen

Was bietet sich mehr an, um die Finanzkompetenz der Kinder zu fördern, als die von ihnen begehrten Geräte im Haushalt. Diese finden sie nachweislich sehr spannend und sie bieten die notwendigen Möglichkeiten, spielerisch und visuell den Wert des Geldes und wie man damit verantwortungsbewusst umgeht, an.

Finanzinstitute wie die Schweizer Kantonalbanken nehmen dieses Thema derzeit mit dem Programm FinanceMission Heroes auf, wo Jugendliche digital sowie mit Arbeitsmaterialien für die Schule Finanzkompetenzen spielerisch aufbauen können. Einige FinTech Startups wie

setzen mit Mobile-Banking Lösungen für Jugendliche auf Lernelemente und stellen zugleich auch ein vollumfängliches Zahlinstrument (Debit) für ihre Ausgaben zur Verfügung, bei welchem die Eltern ein wachsames Auge darauf halten können.

Je nach Lebensphase der Kinder bzw. Jugendlichen unterscheiden sich die benötigten Lerninhalte. In der Schweiz orientieren sich fast alle Financial Literacy Angebote an Jugendlichen. Die einzigen mir bekannten Ausnahmen bilden hierbei das digitale Sparkässeli Digipigi der Credit Suisse sowie die Lösung von Fintune einem FinTech-Startup, welches mit Finny eine Whitelabel-Lösung eines digitalen Sparkässelis mit Financial Literacy Mobile-App vertreibt. Beide Lösungen sprechen, im Unterschied zu den anderen, Kinder unter 12 Jahren an und knüpfen an die Sparschwein Story an, erweitern diese jedoch durch ein digitales Sparschwein und eine App.

Digipigi Finny

Das Sparschwein bringt das klassische haptische Element mit, bietet aber noch einiges mehr als ihre Keramik Vorfahren. Sie sind neben Sparbehälter auch Nachttischlampe, Wecker und reagieren auf Geldeinwurf und Überweisung mit ihren animierten Gesichtern und Geräuschen. Weiter kommt eine Mobile App für Kinder und Eltern sowie eine Debitkarte für die Kinder mit. Diese Elemente sollen den Kindern den Umgang mit physischen sowie mit digitalem Geld näherbringen. Die Lösungen kennen mehrere Phasen der Kindheit und verändern dadurch auch die Ansprüche bis hin zu dem Punkt, an dem das Kind zum Jugendlichen wird und sich dadurch auch das Konto verändert.

Macht das Sinn?

Solche Lösungen bieten Banken die Möglichkeit durchgängig in den Lebensphasen, vom Kleinkind bis zum Jugendlichen, immer an der Seite der Kinder und Eltern zu sein. Und ihnen bei den ersten Schritten im Umgang mit Geld die nötige Unterstützung zu bieten. Dies ermöglicht ein frühes Branding bei den Kindern und stärkt gleichzeitig die Kundenbindung und das Cross-Selling Potential bei den Eltern.

Man kann die Entwicklung hin zu digitalen Zahlungsmitteln gut oder schlecht finden. Fakt ist, dass Kinder das Verhalten welches sie beobachten nachahmen und es liegt an uns die Werte, welche wir für wichtig erachten, unseren Kindern mitgeben. Die Welt verändert sich und Kinder vor solchen Veränderungen abzuschotten ist keine Lösung. Vielmehr müssen wir unseren Kindern helfen die nötigen Kompetenzen zu erlangen, damit sie selbständig verantwortungsvolle Entscheidungen treffen werden.